Chinas Tech-Drachen schnuppern Morgenluft - Frank Fischer Kolumne

Chinas Tech-Drachen schnuppern Morgenluft

Es war das Tüpfelchen auf dem i: Nachdem Chinas Tech-Werte eine gute Woche hatten und sich von ihren Tiefs gelöst hatten, kam Alibaba mit einer Überraschung daher! Die Aufstockung seines Aktienrückkaufprogramm auf einen Umfang von jetzt umgerechnet 25 Milliarden US-Dollar. Das bis März 2024 laufende Programm hatte zuvor einen Umfang von 15 Milliarden. Es ist bereits das zweite Mal binnen zwölf Monaten, dass Alibaba mehr Geld in die Aktienrückkäufe steckt. Bis heute wurden schon Papiere für über 9 Milliarden US-Dollar zurückgekauft. Der Markt jubelte und die Aktie, die sich im Portfolio unseres Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen befindet, legte innerhalb eines Handelstags um über 13 Prozent zu.

 

Peking reagiert auf Absturz am heimischen Aktienmarkt

 

Der jüngste Absturz an Chinas Aktienmärkten hat nicht nur die Nerven der Anleger gezerrt, sondern auch Peking veranlasst, die Bedenken der Marktteilnehmer ernst zu nehmen und ihre Erwartungen zu stabilisieren. Der in einer Sondersitzung tagende Ausschuss für Finanzstabilität und Entwicklung sprach sich jetzt für umfassende Neuregelungen aus. So sollen jetzt die regulatorischen Vorschriften für Chinas zuletzt stark unter Druck geratene private Plattformunternehmen zukünftig transparenter und für die Märkte vorhersehbarer gestalten werden. Mit Bezug auf die an den US-Börsen notierten chinesischen Unternehmen, denen ab 2024 ein Handelsausschluss droht, würden chinesische und US-Regulierungsbehörden an „konkreten Kooperationsplänen“ arbeiten, hieß es zuletzt. Man unterstütze weiterhin alle Arten von im Ausland notierten Unternehmen. Den Märkten hat das gefallen. So stieg der technologielastige Hongkonger HSCE-Index an diesem Tag um rund 13 Prozent – der höchste Tagesanstieg seit 2008. Jetzt müssen den Absichtserklärungen „nur noch“ Taten folgen.

 

Corona hat Chinas Wirtschaft wieder im Würgegriff

 

Wäre damit für chinesische Aktien wieder alles in Ordnung? Nein, dazu gibt es noch zu viele Unsicherheiten. Da ist zunächst die aktuelle Corona-Lage, denn die vielfach befürchtete Omikron-Welle hat China voll erwischt. Rund 45 Millionen Chinesen sind immer noch vom öffentlichen Leben mehr oder weniger ausgeschlossen. Das betrifft vor allem die Millionen-Metropole Shanghai und das Technologiezentrum Shenzhen. Davon ist auch die Wirtschaft des Landes massiv betroffen. So musste etwa Apple-Zulieferer Foxconn seine Produktion stark einschränken. Für andere Unternehmen gilt das gleiche.

 

ADRs sind ein Risiko für Anleger

 

Und da ist das Problem mit den ADRs. Chinesische A-Aktien sind für Ausländer kaum zu kaufen. ADRs (American Depositary Receipt) sind aber nur ein Zertifikat, um Aktien zu kaufen. Daraus ergeben sich eingeschränkte Rechte. Das Unternehmen (möglicherweise auch auf Druck der Regierung in Peking) können aber die Regeln für diese Zertifikate jederzeit ändern – so dass sie im schlimmsten Fall nichts mehr wert sind. Dieses Problem könnte auftreten, wenn sich die politischen Parameter zwischen China und den USA wieder verschlechtern und Sanktionen verhängt werden.

 

SEC und der HFCCA

 

Und dann ist da noch die US-Börsenaufsicht SEC. Die nimmt Chinas Tech-Riesen immer mehr ins Visier. Sie droht Unternehmen aus dem Land der Mitte mit einem Delisting an den US-Börsen. Der „Holding Foreign Companies Accountable Act“ (HFCAA) erlaubt nämlich der SEC Unternehmen vom Handel auszusetzen oder sie gar von den US-Börsen zu streichen, wenn die SEC deren Bilanzen nicht einsehen und sie auf US-Regeln hin nicht prüfen kann. Zai Lab, Yum China und andere sind besonders ins Visier der SEC geraten. Unternehmen wie Alibaba und Tencent (Blogbeitrag: Tencent Holdings: Der chinesische Online-Superheld), die ebenfalls im Portfolio des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen zu finden ist, sind zwar nicht im Fadenkreuz der Börsenaufsicht, haben aber trotzdem unter dem Vorgehen der SEC gelitten.

 

Peking hat die Zügel in der Hand

 

Die Bedenken gegen ein Engagement in chinesische Titel sind also nachvollziehbar. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass unsere Portfoliowerte Alibaba, JD.com und Tencent mittelfristig wieder eine gute Performance zeigen werden, denn wir gehen davon aus, dass der politische Wille hinter den jüngsten Entscheidungen längerfristig ist. Peking hat seinen Plattformunternehmen gezeigt, wer hier Herr im Hause ist. Jetzt werden die Zügel wohl wieder etwas lockerer gelassen.

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.