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Coronavirus & Börse: Ein Markt für kühle Rechner

Spätestens nach der jüngsten Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist klar, dass Deutschland vor einer der größten Herausforderung seit Jahrzehnten steht. Die kommenden Wochen und Monate werden den Staat und die Wirtschaft verändern. Das gilt nicht nur für Deutschland, das gilt für den ganzen Globus.

Aber bei all der Unsicherheit, die in den kommenden Wochen und Monaten auf uns zukommt, gibt es schon heute ein paar Gewissheiten. Die Welt wird sich nach der Corona-Krise weiterdrehen – wenn auch vielleicht in etwas anderer Geschwindigkeit, als wir das heute kennen. Es wird auch in Zukunft Unternehmen geben, die ihre Waren und Dienstleistungen verkaufen – selbst, wenn man an der Börse den Eindruck bekommen kann, dass die Welt gerade untergeht. Aber sie tut es nicht, es gibt im Gegenteil einige ermutigende Zeichen.

Zum Beispiel aus Südkorea. Die Regierung hat hier, auch aufgrund der Erfahrungen mit dem SARS-Virus 2003, schnell und konsequent durchgegriffen. Und schon zwei Wochen nach dem Verhängen einer strikten Ausgangssperre, bei der private Kontakte zu vermeiden waren und nur noch eingekauft werden durfte, was dringend notwendig war, ging die Zahl der Neuinfizierten signifikant zurück. Zwei Wochen, länger hat es nicht gedauert, bis dieser Effekt eingetreten ist.

In Deutschland sind die Verbote bislang nicht so radikal. Das hat aber leider auch zur Folge, dass viele Menschen sich uneinsichtig zeigen und weiterhin soziale Kontakte pflegen und das schöne Wetter dazu nutzen, um sich im Park oder an anderen öffentlichen Plätzen zu treffen. Offensichtlich haben viele Menschen „den Gong noch nicht gehört“, wie es der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach formulierte. Die demonstrative Sorglosigkeit befeuert auch hierzulande Diskussionen um mögliche Ausgangsperren.

Klar scheint aber unterdessen, dass die deutsche, ebenso wie die Weltwirtschaft in eine Rezession rutschen wird. Für das erste und zweite Quartal 2020 ist dies so gut wie sicher. Wie schwer dieser Sturz sein wird, ist heute noch nicht abzuschätzen. Geht man nach dem Crash an den Börsen, wird dieser wohl sehr tief ausfallen.

 

Die Gewinner der Krise

 

Ist das für Anleger nun ein Grund zur Resignation? Nein, ganz im Gegenteil! Denn von den Kursstürzen sind auch gute Unternehmen betroffen, die eher gestärkt als geschwächt aus der Krise kommen werden, die ihre Marktanteile ausbauen, weil sie langfristig ausgerichtet sind. Dazu zählen die von uns bevorzugten Familienunternehmen, die mit ruhiger Hand geführt werden und einen wirtschaftlichen Burggraben um ihr Geschäftsmodell errichtet haben. Solche Unternehmen werden die Gewinner der Krise sein. Diese sind im Moment günstig zu erwerben, was wir selektiv auch für unsere Mandate wie den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen nutzen An solchen Aktien werden die Anleger noch lange sehr viel Freude haben, wenn sie ihre Angst überwinden. Denn hier winken nicht nur Kurssteigerungen, sondern auch attraktive Dividenden. Und was nicht vergessen werden sollte: Viele Unternehmen fangen auf dem derzeitigen Niveau wieder an, Aktienrückkäufe zu beschließen. Patrizia Immobilien und die Hamburger Aurubis-Gruppe haben das erst vor ein paar Tagen getan. Andere werden folgen. Man braucht als Anleger nur etwas Geduld.

 

Regierungen, Notenbanken und Forschungseinrichtungen im Fokus

 

Und noch ein Umstand sollte die Gemüter beruhigen. Alle Regierungen und Notenbanken rund um die Welt kommen der Wirtschaft mit Billionen-Programmen zur Hilfe. Dies kann möglicherweise das Schlimmste abfedern. Und nicht zu vergessen: Es werden derzeit unter Hochdruck viele Impfstoffe getestet, die irgendwann hoffentlich Wirkung zeigen werden. Neben US-Firmen wie Moderna sind darunter mit CureVac aus Tübingen und BioNTech aus Mainz auch zwei deutsche Unternehmen. Diese Unternehmen arbeiten mit sogenannter Messenger-RNA (mRNA). Das sind, vereinfacht ausgedrückt, Botenstoffe, die in den Muskel gespritzt werden und dort die Entwicklung von Proteinen anstoßen, mit deren Hilfe Viren identifiziert und entsprechende Antikörper gebildet werden. Bis zur endgültigen Zulassung solcher Impfstoffe wird es noch etwas dauern, aber die Entwicklungsgeschwindigkeit ist sehr hoch.

 

Noch herrscht Panik – aber nicht mehr ewig!

 

Doch in der Zwischenzeit reagiert der Markt weiterhin panisch. Unser Mr. Market Cockpit, in dem wir verschiedene Finanzmarkt-, Sentiment- und Fundamentaldaten zusammenführen, zeigt ganz deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer vor den Entwicklungen kapituliert hat.

Das hat aber auch dazu geführt, dass viele Titel heute sehr attraktiv bewertet sind. Ein Beispiel ist der Bier-Gigant Anheuser-Busch InBev (Blogbeitrag: AB InBev: Dieser globale Bierchampion bietet gute Perspektiven), der unter vielen anderen auch das mexikanische Corona-Bier herstellt. Die Aktie wurde, sicher auch deswegen, abgestraft und fiel von rund 90 auf nunmehr gut 30 Euro. Eine absolute Übertreibung.

Vielleicht ist das Tief noch nicht erreicht. Aber der Markt bietet jetzt bereits Chancen für diejenigen, die mit kühlem Kopf agieren und sich nicht einschüchtern lassen. Es kann durchaus passieren, dass wir ein, zwei Quartale eine Rezession erleben, die es durchaus in sich hat. Aber danach geht das Leben weiter! Und dabei werden die Mutigen und Besonnenen mit schönen Renditen belohnt.

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.