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GameStop: vom Unsinn effizienter Kapitalmärkte!

950 Prozent – die furiose Wertentwicklung der GameStop-Aktie in diesem Jahr stellt andere Ereignisse wie den Hype um Tesla oder den Boom des Bitcoins bislang in den Schatten. Eine rationale Erklärung gibt es nicht. Weder hat GameStop, ein eher stationär ausgerichteter Anbieter von Computerspielen, einen Strategieschwenk oder neue Produktinnovationen angekündigt, noch gab es sonstige Erkenntnisse, die eine solche Bewertung fundamental rechtfertigen würden. Was hier passiert ist, ist vielmehr eine Mischung aus Protestbewegung, Aktionismus und Gier. Aktivisten haben den vermeintlich bösen Hedgefonds den Kampf angesagt, die Robinhood-Trader sind auf den Zug aufgesprungen und jetzt wird mit Eifer und Zorn das Finanzestablishment bekämpft. Occupy Wallstreet is back. Ich halte es durchaus für möglich, dass wir solche konzertierten Flashmobs in Zukunft öfter sehen werden. Neben GameStop haben unter anderem auch die Aktien von Nokia, Blackberry oder AMC Entertainment massive Kurssprünge verzeichnet. Aber solche Wellen sind auch irgendwann vorbei, denn am Ende werden viele der Beteiligten versuchen, die Gewinne mitzunehmen. Was aber sagen solche Ereignisse über die Anfälligkeit und die Effizienz der Märkte aus?

Die These von der Effizienz der Kapitalmärkte hat uns bei Shareholder Value noch nie wirklich überzeugt. Denn sie blendet aus, dass Anleger auf Basis von (subjektiven) Analysen handeln, dass es erzwungene Verkäufe gibt, dass passive Produkte Entwicklungen verstärken, weil sie einem Index folgen. Angst und Gier sind die wesentlichen Faktoren an der Börse, wir berücksichtigen deshalb bei unseren Entscheidungen immer unseren manisch-depressiven Mr. Market. Und wir stellen die langfristige Qualität der Unternehmen in den Mittelpunkt unseres Anlageansatzes, nicht die kurzfristige Rendite. Das eine defensivere Strategie in der nächsten Zeit ratsam ist, zeigt der Blick auf das Börsengeschehen abseits von GameStop und Co.

 

Berichtssaison in den USA verspricht nichts Gutes

 

Denn die aktuell laufende Berichtssaison in den USA läuft anders als normal. Obwohl bei rund zwei Drittel der bisher vorgelegten Unternehmenszahlen sowohl die Gewinne als auch die Umsätze die Erwartungen der Analysten übertroffen haben, wurde dies am Markt nicht honoriert. Stattdessen entwickelten sich die Aktien am Tag nach den Zahlen abwärts. Schlimmer noch: Selbst Unternehmen, die ihre eigenen Gewinnausblicke angehoben haben, wurden vom Markt abgestraft. Ein Beispiel: Microsoft hat im vergangenen Quartal vor allem dank eines starken Cloud-Geschäfts deutlich die Erwartungen übertroffen. Der Umsatz stieg im vergangenen Quartal um 17 Prozent auf 43,1 Milliarden Dollar. Analysten hatten eher mit rund 40 Milliarden Dollar gerechnet. Der Gewinn sprang im Jahresvergleich um 33 Prozent auf 15,5 Milliarden Dollar nach oben. Und die Reaktion? Gelinde gesagt: Verhalten! Ein weiteres Beispiel ist Apple. Der Konzern aus Cupertino hat im Weihnachtsquartal einen Rekordgewinn von rund 28,7 Milliarden Dollar eingefahren. Dazu kommt, dass der iPhone-Konzern erstmals die Marke von 100 Milliarden Dollar Quartalsumsatz übertroffen hatte. Das hatten zuvor nur Walmart und ExxonMobil geschafft. Und die Reaktion? Sehr verhalten. Die Aktie gab im Verlauf der Woche nach. All das erweckt nicht den Anschein „Sell on good news“, sondern deutet eher auf eine erhöhte Vorsicht der Anleger hin.

 

Rentenmarkt preist weitere Belastungen ein

 

Und auch der Rentenmarkt lässt nichts Gutes erwarten. Nach einem rasanten Start zu Beginn des Jahres, in dem die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen um rund 0,3 Prozentpunkte auf 1,18 Prozent gestiegen waren, gingen sie zuletzt wieder auf knapp über ein Prozent zurück. Zum einen herrscht weiterhin Unklarheit über den genauen Umfang, den Zeitpunkt und die Zusammensetzung des angekündigten US-Fiskalpakets. Zum anderen erhöhten die Mutationen des Coronavirus sowie die nur zögerlich voranschreitenden Impfkampagnen und erneute Abschottungsmaßnahmen die Ängste vor neuen wirtschaftlichen Schäden der Pandemie. Diese Bedenken betonte auch der Internationale Währungsfonds in seinem jüngsten Ausblick für die Weltwirtschaft, obwohl er auf der anderen Seite das erwartete US-Wachstum auf 5,1 Prozent für das Gesamtjahr 2021 erhöhte. Das wiederum gibt Anlass zu Hoffnungen.

 

Ifo- und GfK-Zahlen sind nur die Vorboten

 

Diese Hoffnungen müssen in Deutschland aber wohl erst einmal hintangestellt werden. Darauf deuten zumindest die jüngsten Zahlen des ifo-Geschäftsklimaindex und des GfK-Konsumgüterklimas hin. Hier hat der harte Lockdown bereits seine tiefen Spuren hinterlassen. Deshalb agieren wir bei unseren Mandaten wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen derzeit auch eher vorsichtig und sichern das Portfolio zum Teil ab. Denn die Volatilität steigt, und es ist zu befürchten, dass bei schlechten Unternehmensnachrichten die Anleger noch nervöser werden. Das bedeutet nicht, dass wir auf die mittlere Frist nicht weiter optimistisch für die Börsenentwicklung sind. Aber momentan halten wir es mit der alten Weisheit aus Großmutters Zeiten: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!“

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.