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Gold: Wer braucht noch Zins und Dividende?

Gold, Gold, Gold. Entweder ist es Angst oder Gier, weshalb die Anleger in das Edelmetall investieren. Dabei wirft, wie man so schön sagt, Gold weder Zinsen noch Dividenden ab. Aber: Wozu braucht man Zins und Dividende um Rendite zu erzielen, wenn Gold-Investments seit Jahresanfang mehr als 20 Prozent Wertsteigerung zu verzeichnen haben? Das schafft kaum eine Aktie.

In unruhigen Zeiten – und die haben wir ja nun wirklich - ist Gold so eine Art psychologische Beruhigungspille. Wie sagte schon der amerikanische Banker JP Morgan: „Gold ist Geld, alles andere ist Kredit.“ Doch in Zeiten von Corona, Konjunktursorgen, Null-Zins, einem schärfer werdenden Wirtschaftskonflikt zwischen den USA und China, ist der Goldrausch allzu verständlich. Von den Sorgen rund um die US-Präsidentschaftswahlen (Blogbeitrag: Börse: Wenn Biden gewinnt: Sofort umschichten!) ganz zu schweigen. Hinzu kommt aber, dass neben der historischen Versicherungspolice „Gold“ für den Wertverfall anderer Vermögensgegenstände in der aktuellen Situation von einigen Marktteilnehmern befürchtet wird, die globalen Notenbanken gefährden zumindest langfristig die Stabilität des Systems des Fiatgeldes, unabhängig davon in welcher Währung es betroffen ist. Digitale Entsprechungen - wie beispielsweise Bitcoins - sind weder darauf ausgerichtet noch faktisch in der Lage an dessen Stelle zu treten. Auch diese Sichtweise spricht für ein Investment in Gold.

 

Also: Raus aus Aktien und rein in Gold?

 

Die Sorgen der Anleger sitzen tief, vor allem nach den jüngsten BIP-Zahlen: In der aktuellen Krise ist das Bruttoinlandsprodukt so stark eingebrochen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. In den Monaten von April bis Juni fiel Deutschlands Wirtschaftsleistung saisonbereinigt um 10,1 Prozent niedriger aus als im Vorquartal. Und in den USA sieht es mindestens genauso katastrophal aus.

Also, raus aus Aktien und rein ins Gold. So fehlt nicht viel an der 2.000-Dollar-Marke, die Gold wohl bald knacken wird. Das ist damit mehr als der alte Spitzenwert aus dem Jahr 2011, als der Preis auf knapp 1.945 Dollar pro Feinunze gestiegen war. Und glaubt man den Experten der Bank of America, dann wird die Feinunze in den kommenden zwei Jahren bis auf sagenhafte 3.000 Dollar klettern. Und noch eine Zahl ist interessant: Anleihen mit einer negativen Rendite haben global inzwischen das Volumen von mehr als 14 Billionen Dollar erreicht. Dem stehen 12 Billionen Euro für die rund 200.000 Tonnen Gold gegenüber, die bisher aus der Erde geholt wurden. Übrigens: Im Portfolio unseres Mandats „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“ ist Gold indirekt mittlerweile auch die größte Position. Dass der schwächelnde US-Dollar einen Teil der Gewinne in Euro wieder zu Nichte macht, kann durch Absicherungen ausgeglichen werden.

 

Anleger sind misstrauischer geworden

 

Dass viele Anleger der Entwicklung an den Börsen eher misstrauisch gegenüberstehen, ist auf der anderen Seite verständlich. Zum einen war die Kursentwicklung der letzten Monate atemberaubend. Die erhoffte „V“-förmige Erholung ist in rasendem Tempo eingetroffen. Vor allem getrieben durch die großen Tech-Werte wie Amazon, Alphabet, Apple & Co. Aber: wohin sollen die Kurse in der sich wieder verschärfenden Corona-Krise, dem enormen Konjunkturabschwung und dem immer heftiger ausgetragenen Konflikt zwischen den USA und China noch laufen? Die Antwort darauf ist widersprüchlich. Da sind zum einen die Erwartungen der Analysten. Diese waren mit Beginn der Corona-Krise stark gefallen. Und natürlich fallen die Ergebnisse für das zweite Quartal größtenteils verheerend aus. Aber eine Vielzahl der Unternehmen schafft es dennoch, die Erwartungen zu übertreffen – insbesondere in den USA. Deshalb haben die Analysten damit begonnen, die Erwartungen für das dritte Quartal anzuheben. Allein in den letzten Tagen wurde die aggregierte Konsensprognose für den Gewinn je Aktie im S&P 500 um 0,8 Prozent angehoben. Die Gewinnerwartungen für 2020 und 2021 erhöhten sich dadurch um 0,6 beziehungsweise 0,5 Prozent. Zyklische Sektoren profitierten dabei am stärksten.

 

Microsoft und die Umdeutung des „V“

 

Auf der anderen Seite hat man gesehen, wie hoch die Erwartungen der Investoren mittlerweile gestiegen sind, und dass sie jetzt gewillt sind auch mal Gewinne mitzunehmen, als immer höhere Bewertungen zu akzeptieren. Bestes Beispiel war Microsoft nach der Vorlage der jüngsten Zahlen. CEO Satya Nadella hatte eigentlich bärenstarke Zahlen präsentiert. Allein im Bereich Cloud-Dienste waren die Erlöse von April bis Juni um 47 Prozent gestiegen. Im gesamten Geschäftsjahr 2019/2020 hat Microsoft in dieser Sparte 50 Milliarden Dollar umgesetzt. Das entspricht einem Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und die anderen Geschäftsfelder waren nicht viel schlechter. Und was machte die Aktie des nach Apple zweit-wertvollsten Unternehmens? Sie wurde verkauft. Die Erwartungen waren einfach zu hoch.

Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang vernünftig, das „V“ der rasanten Aktien-Rally umzudeuten, In „V“ wie Vorsicht. Und wenn Anleger vorsichtig agieren, waren Investments in Gold schon oft ein probates Mittel.

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.