Warren Buffett – der Business-Picker - Frankfurter Investmentblog

Warren Buffett – der Business-Picker

Kaum etwas ist langweiliger als Geschäftsberichte. Das gilt zwar für die Masse der Unternehmen, nicht jedoch für den Geschäftsbericht von Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway. Hier fiebern die Buffett-Fans dem Termin der Veröffentlichung nahezu entgegen. Neben dem Zahlenwerk ist es vor allen Dingen der Brief an die Aktionäre, der jedes Jahr Einblicke in die Investmentphilosophie von Warren Buffett und seinem Geschäftspartner Charlie Munger liefert. Vor wenigen Tagen haben die beiden Ü90-Manager den diesjährigen Brief veröffentlicht, den ich Ihnen in diesen turbulenten Zeiten an den Börsen genauer vorstellen möchte. Die Aktie von Berkshire Hathaway hat unterdessen in diesen Tagen ein neues Allzeit-Hoch erreicht.

Zunächst einmal möchte ich Sie einladen auf eine Zeitreise ins Internet. Machen Sie sich den Spaß und gehen Sie einmal auf die Webseite von berkshirehathaway.com. So haben Webseiten in den 1990er Jahren ausgesehen –kaum jemand hat damals Wert auf das Layout gelegt. Warren Buffett ist dieser Kanal der Kommunikation nicht wirklich wichtig und so hat sich die Webseite im Laufe der Jahrzehnte nicht verändert. Hier gibt es ein Menü und das war's.

Aktionäre finden in einem Unterpunkt alle Geschäftsberichte bis zurück ins Jahr 1995. Darin enthalten sind auch immer die Briefe an die Aktionäre. Es lohnt sich, diese als Lektüre einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dieses Jahr habe ich das einmal mehr getan und was mir direkt aufgefallen ist: Der Brief an die Aktionäre fällt doch kürzer aus als sonst. Auf etwas mehr als 10 Seiten ist das Geschehen zusammengefasst. In den vergangenen Jahren waren dies oft deutlich über 20 Seiten.

>> Neue Podcast-Folge - "Lesen! Warren Buffetts Brief an die Aktionäre <<

 

Gleich zu Beginn bringt der erfolgreichste Investor aller Zeiten noch einmal sein Ziel ganz klar auf den Punkt: „Auch 2021 haben wir den Inneren Wert unserer Aktien erneut gesteigert. Das war meine primäre Pflicht in den vergangenen 57 Jahren. Und das wird es auch in Zukunft sein.“

Berkshire Hathaways Webseite besteht nur aus Links
Bilder Fehlanzeige: Auch so kann die Webseite eines großen Konzerns aussehen. © Screenshot: berkshirehathaway.com

Buffett und Munger sind Business-Picker

 

Bezogen auf die Anlagestrategie, nicht nur der Aktien-Beteiligungen sondern auch der komplett in der Beteiligungsgesellschaft enthaltenen Firmen, fasst Buffett diese in wenigen Sätzen zusammen: „Egal welche Art von Eigentümerschaft wir haben, unser Ziel ist es, einflussreiche Investments in verschiedenen Geschäftsformen zu haben, bei denen zwei Dinge erfüllt werden: Langfristige wirtschaftliche Wettbewerbsvorteile und ein herausragender Vorstandschef. Wir halten Aktien auf der Basis unserer Erwartungen an die langfristigen Geschäftsentwicklungen und nicht weil wir diese Aktien als kurzfristige Vehikel für Kurszuwächse ansehen. Dieser Punkt ist ganz entscheidend: Charlie und ich wir sind keine Stock-Picker - Wir sind Business-Picker.“ 

Tatsächlich ist diese neue Wortschöpfung ein zentraler Aspekt des Unternehmens. Sobald er von Unternehmen überzeugt ist, möchte er diese im günstigsten Fall dauerhaft behalten. Dies gelingt nicht immer. Das zeigt beispielhaft die Entwicklung der Fluglinien in den vergangenen Jahren. Hier hat Buffett komplett die Reißleine gezogen und sämtliche Luftfahrtaktien während der Coronakrise verkauft. Doch so etwas ist äußerst selten bei Warren Buffett.

 

Berkshire ist erfolgreich und die Steuern sprudeln in den USA

 

Zusätzlich gibt Buffett im Brief an die Aktionäre auch einige Fakten zum Besten, die selbst für echte Fans neu sein dürften. Besonders spannend war hier der Aspekt mit dem Blick auf die Steuerzahlungen des Unternehmens. Als Buffett 1965 das Textilunternehmen Berkshire Hathaway übernahm, lagen die Steuerzahlungen des damals notleidenden Unternehmens bei rund 100 Dollar pro Tag. Nun sind knapp 57 Jahre vergangen und die Welt hat sich massiv verändert. Das gilt im Übrigen auch für das Unternehmen Berkshire Hathaway. So liegt die derzeitige tägliche Steuerzahlung des Unternehmens bei rund 9 Millionen Dollar.

Bei wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen gilt eben der Compounding-Effekt nicht nur für die Aktionäre, sondern auch für den Staat, der von gut laufenden Unternehmen in Form von stetig steigenden Steuerzahlungen profitiert. 2021 hat Berkshire Hathaway rund 3,3 Milliarden Dollar Einkommenssteuer überwiesen. Bezogen auf das gesamte Einkommensteuerniveau der USA von 402 Milliarden Dollar, steht das allein für 0,8 Prozent des gesamten Steueraufkommens in den USA.

 

Die Big Four sind die Basis von Berkshire – und Apple spielt dabei eine besondere Rolle

 

Doch was macht den aktuellen Erfolg des Unternehmens aus? Auch hier liefert der Brief an die Aktionäre klare Antworten. Einmal mehr bezieht sich Buffett intensiv auf die Big Four der Geschäftszweige von Berkshire Hathaway. Ein Grundpfeiler ist ohne Frage das Versicherungsgeschäft. „Diese Produkte werden niemals obsolet werden und die Umsätze werden parallel zum Wirtschaftswachstum und auch mit der Inflation weiter ansteigen, erklärt Buffett dazu.

Besonders im Fokus steht Berkshire Hathaway wegen der zweiten großen Beteiligung an Apple. Das ist mit weitem Abstand die größte Aktienbeteiligung im Portfolio von Berkshire Hathaway. Zum Stichtag 31.12.2021 war allein diese Beteiligung rund 161 Milliarden Dollar wert. Das entspricht fast 46 Prozent aller seiner Aktienbeteiligungen. Keine Frage: Hier ergibt sich aus dem Apple-Anteil ein wirkliches Klumpenrisiko. Doch auf der anderen Seite sind zwei Punkte sehr wichtig bei der Beurteilung: Die Anschaffungskosten der Apple-Position tauchen in der Bilanz mit rund 31 Milliarden Dollar auf. Insofern ist diese Position im Laufe der Jahre massiv im Wert gestiegen und würde auch bei einer deutlichen Korrektur der Apple-Aktie immer noch keinen Verlust bringen. Zusätzlich ist Buffett für die lange Haltedauer bei Aktien bekannt – und das wird wohl auch bei Apple so sein.

Ohne weitere Aktien gekauft zu haben, hat sich der Berkshire Hathaway-Anteil an Apple im vergangenen Jahr von 5,4 auf 5,55 Prozent gesteigert. Nun sieht dieser Anstieg nicht nach besonders viel aus. Doch dazu merkt Buffett an, dass „jeder Gewinnanstieg bei Apple um 0,1 Prozent für immerhin 100 Millionen Dollar steht.“ Der Anstieg der Beteiligung bei Apple basiert übrigens ganz allein auf dem Aktienrückkaufprogramm von Apple. Hier ist einmal mehr ersichtlich, wie wichtig Aktienrückkäufe für langfristige Investoren sind, die genügend Geduld mitbringen und ihre Aktenpakete einfach halten. Im Laufe der Zeit gehören solchen Investoren dann einfach immer größere Anteile am Unternehmen und das macht diesen Ansatz besonders lohnenswert.

Der dritte wichtige Geschäftszweig bei Berkshire Way ist das Eisenbahngeschäft mit BNSF, also Burlington Northern Santa Fe. Hier blieb unter dem Strich ein neuer Rekordgewinn von rund 6 Milliarden Dollar übrig. Der vierte wichtige Geschäftszweig Berkshire Hathaway Energy (BHE) erreichte ebenfalls einen Rekordgewinn von rund 4 Milliarden Dollar. Damit hat sich der Gewinn seit dem Einstieg bei dem Unternehmen im Jahre 2000 bis jetzt rund verdreißigfacht. Zudem erzielt BHE mittlerweile signifikante Umsätze im Bereich der alternativen Energieträger. Im Jahr 2000 war dieses Geschäftssegment noch gar nicht existent. Daran ist auch erkennbar: Berkshire Hathaway entwickelt sich weiter und stellt sich auch seinen Kritikern. BHE steht in den USA oft in der Diskussion, weil ein Großteil des Stroms immer noch mit Kohle- und Erdgaskraftwerken erzeugt wird. Das Unternehmen verfolgt hier eine ambitionierte Strategie, um in den nächsten Jahren deutlich umweltfreundlichere Technologien zum Einsatz bringen zu können.

 

Heiko Böhmer mit CHarlie Munger & Warren Buffett
Berkshire Hathaway Hauptversammlung 2019 in Omaha – mit Charlie Munger und Warren Buffett

Buffetts Kasse ist gut gefüllt für Übernahmen

 

Grundsätzlich ist Berkshire Hathaway ein stabiles Unternehmen. Es repräsentiert einen ausgewählten Teil der US-Wirtschaft – aber eben eine bessere Version der US-Wirtschaft und auch eine bessere Version des breiten US-Index S&P 500. Die Basis bilden das Versicherungsgeschäft und auch die eigenen Unternehmen in der Beteiligungsgesellschaft. Dazu gehören in Deutschland bekannte Namen wie die Laufsportmarke Brooks oder die Bekleidung von Fruit of the Loom, ebenso wie Industriewerte wie Precision Castparts oder Süßigkeiten von See`s Candies. Die meiste Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt Berkshire Hathaway jedoch wegen des Investmentportfolios. Neben Apple gehören auch Coca-Cola oder die US-Bank Wells Fargo dazu.

Sollte sich die aktuelle Krise weiter ausweiten, wird das Telefon bei Warren Buffett häufig klingeln. Schon in der Finanzkrise 2008/2009 war er ein wichtiger Geldgeber für große Unternehmen und hat auch die Phase direkt nach der Krise für große neue Übernahmen genutzt. So kaufte die US-Investoren-Legende 2010 für mehr als 25 Milliarden Dollar die Eisenbahngesellschaft BNSF, heute eine der Stützen des Geschäfts.

Yefei Lu, der bei Shareholder Value Management für Berkshire Hathaway zuständige Analyst und Autor des Buches „Investieren wie Warren Buffett“ bringt es so auf den Punkt: „Berkshire Hathaway hat zuletzt einen sehr hohen Cash-Bestand von mehr als 140 Milliarden Dollar aufgebaut. Sollte sich die aktuelle Krise zu einem Crash ausweiten, würde Warren Buffett endlich für seine Geduld belohnt werden. Dann könnte er sicherlich wieder gute Firmen zu günstigen Preisen kaufen können.“

Vielleicht wird Buffett schon bald wieder aktiv werden bei einer großen Übernahme und dann wird er darüber bestimmt auf der diesjährigen Hauptversammlung Anfang Mai sprechen. Dort werde ich auch wieder vor Ort sein und direkt aus Omaha berichten.

 

Heiko Böhmer

Heiko Böhmer

Heiko Böhmer verfügt über mehr als 20 Jahre Finanzmarkterfahrung. Als Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management zeigt er, wie wirtschaftliche Entwicklungen und Anlagetrends zusammenhängen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Einzeltiteln und den Aktienstrategien von Shareholder Value Management.